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Constantin (Eisbaden.de): Heute habe ich einen besonderen Gast bei mir, Walter Berger aus Wien. Walter ist ein zertifizierter Wim Hof Instructor, Familiencoach und Atem- und Mentalcoach. Es hat eine Weile gedauert, bis wir uns gefunden haben, aber es hat super geklappt. Ich freue mich sehr, dass du dabei bist, Walter. Kannst du dich kurz selbst vorstellen?
Walter: Mein Name ist Walter Berger. Ich bin ein vielseitig interessierter Mensch, der immer nach neuen Methoden und Ideen sucht, die mir gut tun und die anderen gut tun können. In den letzten 15 Jahren habe ich viele verschiedene Dinge ausprobiert und gelernt, von systemischen Familienaufstellungen bis hin zu verschiedenen Atemtechniken. Meine große Leidenschaft ist auch das Mentaltraining sowie die Kälteerfahrung. Ich habe viele tolle Dinge entdeckt, die mein Leben interessanter und reicher machen.
Constantin (Eisbaden.de): Das klingt wirklich spannend, Walter. Kannst du uns erzählen, wie du zur Kältetechnik gekommen bist und welche Ausbildungen du dazu gemacht hast?
Walter: Ja, ich habe vor 15 Jahren mit der Ausbildung zum Integrativen Atemlehrer begonnen. Das war eine intensive Ausbildung, bei der ich verschiedene Atemtechniken gelernt und andere darin geschult habe. Danach habe ich mich mit systemischen Familienaufstellungen und Mentaltraining beschäftigt. Dabei habe ich entdeckt, wie kraftvoll die Visualisierung sein kann. Wir visualisieren ja alle permanent. Diese Kraft kann man in eine positive Richtung lenken und das ist sehr kraftvoll. Später bin ich auf die Wim Hof Atemtechnik gestoßen und habe dann auch das Kältetraining übernommen. Ich habe viel darüber gelernt und mich schließlich zum Wim Hof Instructor ausbilden lassen. Mittlerweile bin ich auch Level 2 Instructor und biete fortgeschrittene Workshops und Expeditionen an.
Constantin (Eisbaden.de): Das hört sich großartig an, Walter. Du hast also eine vielseitige Erfahrung mit Atemtechniken und der Kältetechnik. Braucht man unbedingt eine spezielle Atemtechnik, um ins Eiswasser zu gehen?
Du brauchst nicht unbedingt eine spezielle Atemtechnik, um ins Eiswasser zu gehen
Walter: Nein, man braucht nicht unbedingt eine spezielle Atemtechnik, um ins Eiswasser zu gehen. Es ist jedoch wichtig, seine Atmung zu beruhigen, um das autonome Nervensystem zu entspannen und sich sicher zu fühlen. Das wichtigste ist, die Atmung zu beruhigen, das muss sein und dann kann man super mit der Kälte umgehen. Die Wim Hof Atemtechnik ist eine gute Vorbereitung für das Eisbad. Du kannst sie aber auch unabhängig vom Eisbaden machen. Sie macht dich stressresistenter, verändert den pH-Wert und entspannt dich. Es werden bestimmte Hormone ausgeschüttet, die den Körper schmerzresistenter machen und das Wohlbefinden und deine Leistung steigern. Es ist also empfehlenswert, sich mit der WHM-Atmung auseinanderzusetzen aber kein Muss für’s Eisbaden.
Constantin (Eisbaden.de): Wie nutzt du die Atmung in deinem Alltag? Verwendest du sie nur vor dem Eisbaden oder auch unabhängig davon?
Walter:
Genau wie du, habe ich verschiedene Momente, in denen ich diese Technik nutze. Vor dem Eisbad oder nach stressigen Situationen, um mich einfach zu entspannen und den ganzen Stress abzubauen. Manchmal einfach nur, weil ich Lust darauf habe oder mich für ein (Lauf-)Training vorzubereiten.
Also, ich entscheide wirklich nach Lust und Laune. Es gibt Phasen, wo ich das Gefühl habe, dass ich sie täglich brauche, und Phasen., wo ich sie nicht oft mache. Also, ich jongliere da gerne. Außerdem gibt es auch viele andere Atemtechniken. Ich möchte sie gerne gezielt beobachten, was bewirken sie, erlebe ich einen Effekt usw. In gewisser Weise ist es ein für mich spielerischer Zugang und ich setze sie bewusst ein.
Constantin (Eisbaden.de): Also, es gibt sehr viele unterschiedliche Atemtechniken, wie Buteyko, Wim Hof, Tummo, Bhastrika, etc. Dazu auch noch holotrope Atmung, die auch in Kombination mit Musik oder Meditation praktiziert werden kann. Was würdest du denn jetzt empfehlen, wenn jemand das klassische Eisbaden ausprobieren möchte, um diese innere Hitze anzukurbeln? Was ist aus deiner Sicht die beste Atemtechnik?
Walter: Ja, die Wim Hof Atmung ist eine erprobte Methode und ich würde sie immer empfehlen. Wenn jemand das nicht möchte, empfehle ich gerne auch die kohärente Atmung. Es ist eine sehr sanfte Atemtechnik, die oft unterschätzt wird. Sie unterstützt das autonome Nervensystem und wirkt entspannend, beruhigend und hat positive Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und den Schlaf. Es ist eine einfache Entspannungstechnik, die anwenden kann, unabhängig von seinem Gesundheitszustand. Es ist ein guter Einstieg für alle, die mit Atemerfahrungen oder Atemtechniken beginnen möchten. Die kohärente Atemtechnik kann auch direkt über die Herzratenvariabilität gemessen werden, was für viele Sportler und Gesundheitsbewusste interessant ist. Viele Leistungssportler nehmen die Herzratenvariabilität als Maßstab, um ihre Leistung zu messen.
Holotrope Atmung ist die Königsdisziplin unter den Atemtechniken
Die holotrope Atemtechnik, die du erwähnt hast, gehört auch zu meinen absoluten Lieblings-Empfehlungen. Es gibt ähnliche Atemschulen z.B. mit dem Namen “Rebirthing” oder “Integrative Atemarbeit”. Es sind Techniken, bei denen man kontinuierlich atmet, ohne Pausen, sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen. Es wird also verbunden geatmet ohne Pausen dazwischen. Sie wird häufig in Gruppen praktiziert, kann aber auch im Einzelsetting mit oder ohne Musik angewendet werden. Diese Technik wird am besten von einem Begleiter oder einer Begleiterin unterstützt, da intensive Zustände auftreten können, bei denen biographische Erfahrungen hochkommen können. Es ist wichtig, dass man in solchen Momenten gut aufgefangen wird. Für mich ist es die Königsdisziplin unter den Atemtechniken, da sie unglaublich vielseitig auf emotionaler, physischer und psychischer Ebene wirkt.
Constantin (Eisbaden.de): Wie kommen die Leute zu diesem Wissen über die Atmung. Wenn jemand ohne Anleitung in diese Techniken einsteigen möchte, welche Möglichkeiten gibt es? Kann man das online nachlesen und es selbst ausprobieren oder einen klassischen Kurs besuchen?
Walter: Ich vermute, viele lesen nach oder schauen online, probieren es aus und häufig klappt nicht so gut und sie denken vielleicht, der „Atem“ kann nicht so viel. Es ist ein komplett anderes Erlebnis, wenn man die Techniken unter Anleitung von erfahrenen Experten erlernt und unterstützt wird. Daher empfehle ich immer, sich an einen Atemexperten oder eine -Expertin zu wenden, damit man es gezeigt bekommt. Anschließend kann man auch gut alleine weitermachen. Das ist mein Zugang, auch für andere Bereiche.
Constantin (Eisbaden.de): Es gibt viele Experten für verschiedene Techniken. Es ist wichtig, sich zu informieren und herauszufinden, was zu einem passt. Man kann es zu Hause selbst ausprobieren, aber es kann sein, dass man nicht viel merkt oder den Nutzen nicht sofort spürt. Es ist wichtig, regelmäßig zu praktizieren und die Technik in den Alltag zu integrieren, um den Effekt zu spüren.
Regelmäßigkeit ist Trumpf – 30 Tage lang was Neues machen
Walter: Genau, deshalb empfehle ich immer, es regelmäßig zu machen. In Workshops sage ich oft, dass man es 30 Tage lang machen soll. Wenn du etwas Neues einen Monat lang am Stück machst, dann kann man erleben, welche Veränderungen eintreten und es wird zu einer neuen Gewohnheit werden. Wenn man es sich nicht eine Zeit lang vornimmt, gibt man zu schnell auf und vergisst es. Beim kalten Wasser ist es ähnlich. Ohne Vorhaben würde ich es am dritten Tag scheuen, am vierten Tag habe ich vielleicht keine Lust und ein paar Wochen oder Monaten später fällt mir erst wieder ein, da war doch was…. Deswegen empfehle ich immer, es konsequent durchzuführen, um die Vorteile zu erleben und langfristig dranzubleiben.
Constantin (Eisbaden.de): Ja, das ist sehr wichtig. Regelmäßigkeit und Durchhaltevermögen sind entscheidend, um die Effekte zu spüren und von den Techniken zu profitieren. Ich habe auch einen post über unterschiedliche Atemtechniken geschrieben und dabei fehlt das kohärente Atmen. Das würde ich gerne mit aufnehmen, da es viele Zwischenformen gibt. Aber lass uns etwas Gemeinsames machen, vielleicht eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, damit die Leute erst einmal reinkommen und dann sehen, was überhaupt möglich ist. Erst einmal sollen sie sich sicher fühlen, und wenn es ihnen gefällt, können sie den nächsten Schritt machen und sich mit einem Profi zusammensetzen, um auf das nächste Level zu kommen. Von deinen Trainings habe ich gehört, aber welche Zertifizierungen stehen bei dir noch an? Was hast du in naher Zukunft geplant?
Walter: Ich habe unglaublich viele Pläne, und oft weiß ich gar nicht, wo ich sie alle unterbringen soll. Gerade plane ich die nächste Wintersaison und das nächste Jahr, und auch gemeinsame Projekte mit Sonja Flandorfer, der „coolsten Frau Österreichs“. Es wird WHM Grundlagen Workshops und auch Expeditionen für Fortgeschrittene geben, bei denen man mehrere Tage draußen in den Bergen sein wird. Es wird auch einzelne Tage geben, an dem man Atemtechniken kennenlernen kann. Ich möchte andere damit “infizieren”, damit man merkt, da geht noch mehr! Es gibt noch so viel mehr! Das sind die ersten Ansätze und größere Ziele liegen noch in weiterer Zukunft. Ein Jahrestraining steht auch schon länger auf meiner Planungsliste. Ich war selbst mehr als ein Jahr lang intensiv in Atemprozesse eingebettet und möchte dieses Wissen gerne weitergeben. Es gibt viele Pläne, und einiges ist erst noch in Arbeit. Es wird sich zeigen, was dabei herauskommt.
Mit 80 Jahren möchte ich noch in ein Eisloch steigen
Ich denke, es sind Werkzeuge, mit denen ich mich mein Leben lang beschäftigen und bis ins hohe Alter damit arbeiten möchte. So stelle ich mir mein Leben vor. Auch mit 80 Jahren möchte ich noch in ein Eisloch steigen – und wieder heraus. Es ist etwas, das ich nie missen möchte. Es verändert auch mein Leben. Wenn „alles beim Alten bleibt“, dann finde ich es oft furchtbar. Das Leben sollte sich immer verändern. Alles ist im Fluss, heißt es, und das habe ich auch durch die Kälte gelernt. Alte Muster und Glaubenssätze verlieren plötzlich ihre Bedeutung, z.B. Wenn ich jetzt in die Kälte rausgehe, werde ich nicht zwangsläufig krank oder erkälte mich. Im Gegenteil, ich gehe jetzt raus in die Kälte und es macht mich stärker und gesünder. Deshalb ist es so aufregend. Es ist nie langweilig, sondern inspirierend. Ja, es ist etwas Besonderes. Es ist wie ein Feuer.
Constantin (Eisbaden.de): Viele Menschen leben in ihrer eigenen kleinen Welt. Wir wahrscheinlich auch. Es ist wichtig, unseren Horizont ständig zu erweitern. Das ist eine lebenslange Aufgabe. Wenn man wie du sein Hobby zur Arbeit machen kann und das, was man anderen Leuten beibringt, gerne macht und ohnehin für sich selbst tun würde, dann ist das perfekt. Du hast den Anreiz, dich selbst weiterzuentwickeln und voranzukommen. Wenn du dann dieses Wissen hast, was bei dir funktioniert und was nicht, kannst du es aus eigener Erfahrung weitergeben. Ich finde das sehr, sehr stark. Cool. Walter, wir sind auch schon am Ende angelangt. Es hat mich sehr gefreut, dass du dabei warst. Es war super spannend. Daumen hoch. Wer noch mehr sehen will, können wir gerne auch tiefer in das eine oder andere Thema einsteigen.