Inhaltsverzeichnis
Constantin (Eisbaden.de): Heute sprechen wir mit Patrick Boillat über Themen wie Eisbaden, Winterschwimmen, Kälteexposition, Biohacking und mentale Resilienz. Patrick, du nennst dich Cool Bär, kommst aus der Schweiz und bist seit Kurzem auch zertifizierter Trainer bei der Swiss Cold Training Association. Herzlichen Glückwunsch dazu!
Patrick Boillat: Danke, es ist mir eine Freude hier zu sein. Mein Name ist Patrick Boillat, auch bekannt als Cool Bär. Ich bin 51 Jahre alt und beschäftige mich seit mehreren Jahren mit Eisbaden. Ursprünglich war ich Banker, aber meine Erfahrungen mit dem Eisbaden haben mich dazu bewogen, mich mehr auf dieses Thema zu konzentrieren. Ich lebe in der Schweiz und biete meine Kurse und Workshops in der Umgebung an.
Constantin: Das klingt sehr spannend. Wie bist du denn vom Banking zum Eisbaden gekommen, das ist ja nicht unbedingt ein typischer Karriereweg?
“Burnout hat mich dazu gebracht, mit Atemtechniken und Eisbaden anzufangen.”
Patrick: Ich war früher im Vertrieb tätig und musste immer höhere Zahlen liefern. Irgendwann sagte mein Körper “Bis hierher und nicht weiter”, und ich erlitt ein Burnout. Ich verbrachte einige Zeit in einer Klinik und lernte dort, wie ich mich wieder mit meinem Körper verbinden und zu mir selbst finden konnte. Als ich aus der Klinik entlassen wurde, wollte ich unbedingt weitermachen und suchte nach Möglichkeiten, um meinen Körper und Geist zu trainieren. Ich stieß auf die Atemtechniken von Wim Hof und nahm an einigen Workshops teil. Beim Eintauchen in eine Eiswanne bei einem dieser Workshops spürte ich zum ersten Mal ein Gefühl der Ruhe und Klarheit, das ich nie zuvor erlebt hatte. Das war der Moment, als ich beschloss, mehr Zeit mit Eisbaden zu verbringen.
Constantin: Das klingt beeindruckend. Wie hat sich dein Leben seitdem verändert? Welche positiven Ergebnisse hast du durch das Eisbaden feststellen können?
“Ich habe eine tägliche Eisbaden Routine.”
Patrick: Mir war es wichtig, Eisbaden in meine Tagesroutine einzubauen. Ich gehe täglich ins Wasser und morgens habe ich meine Routinen bezüglich Atmung. Zwei bis dreimal in der Woche mache ich die Wim Hof Atmung, was zur Regeneration von Stress im Alltag beiträgt. Ich habe gemerkt, dass ich in schwierigen Situationen, sei es beruflich oder privat, sagen kann: “Ich war bei null, vielleicht bei zwei Grad im kalten Wasser, was hindert mich noch?” Ich fühle mich vitaler und fitter und kann mich besser auf den Tag einstellen.
Constantin: Das stimmt, es gibt viele positive Aspekte, die ich auch bei mir selbst bemerkt habe. Es muss natürlich nicht gleich ein Burnout sein, aber es gibt viele Situationen und Ereignisse im Leben, bei denen man sehr fokussiert sein muss. Wie du gesagt hast, hilft die Kälte ungemein, den Fokus wieder herzustellen. Ich merke immer, dass ich nach einem Eisbad den ganzen Tag über eine Klarheit und Fokussierung habe. Und diese Wirkung hält an.
“Nach dem Eisbaden hält der Effekt 2 bis 3 Tage an.”
Patrick: Genau so ist es. Es wird gesagt, dass Dopamin und Adrenalin fast zwei bis drei Tage anhalten. Ganz anders ist es, wenn man Schokolade oder Kaffee konsumiert, denn der Dopamin- und Adrenalinspiegel steigt nur kurzfristig an und geht dann schnell wieder zurück. Deshalb muss man nicht jeden Tag ins Eiswasser gehen, um den Nutzen zu spüren. Aber für mich ist es fast schon ein Muss, weil es so gut tut.
Constantin: Täglich ins Wasser zu gehen, ist natürlich schon extrem. Aber je öfter man es macht, desto öfter will man es wiederholen.
Patrick: So ist es auch bei mir gewesen. Ich habe angefangen, einmal im Monat an Workshops teilzunehmen, und dann wurde es immer mehr. Letztendlich habe ich beschlossen, Eisbaden in meine Tagesroutine aufzunehmen, damit ich es nicht vergesse und weil es mir guttut. Ich habe auch eine Gruppe in Thun am Dienstagabend, wir sind meist zwischen sechs und zwölf Leute. Am Sonntag war ich mit einer anderen Gruppe am Moose. Ich habe also schon zwei fixe Termine, und das half mir auch bei der Zertifizierung zum Kälteexperten, weil es konkretes Training für mich war, um die Ausbildung zu bestehen.
Constantin: Erzähl uns doch etwas über deine Rolle als Trainer. Was für einen Trainerschein hast du gemacht? Wie schwer war es und welche Methoden habt ihr gelernt?
Patrick: Ich bin zertifizierter Kältetexperte von Swiss Cold Association mit Standort in Zürich. Außerdem habe ich eine Weiterbildung bei Rolf Duda (Peakwolf) besucht. Das Thema Eisbaden boomt gerade und es gibt viele Menschen, die das ausprobieren möchten. Jedoch kommen falsche Methoden und Herangehensweisen leider nicht selten vor, was gefährlich sein kann. Mir war es sehr wichtig, mich gut auszubilden, um dann auch Workshops leiten zu können.
Die Ausbildung von Swiss Cold Association war in verschiedene Module eingeteilt. Wir haben Eisschwimmen bei 5 Grad auf einer Strecke von 100 Meter geübt und dann geschaut, wie der Körper darauf reagiert. Für mich war es sehr wichtig, zu verstehen, was in meinem Körper passiert, wenn ich ins Eiswasser reingehe. Was genau passiert mit den Zellen und dem Gewebe? Worauf muss ich insbesondere achten, wenn ich den sogenannten „Brain Fog“ spüre, weil ich zu lange im kalten Wasser geblieben bin? Und wichtig war natürlich auch der Nothelferkurs, um im Ernstfall richtig reagieren zu können – die Umstände sind ja nicht, zum Beispiel, mit einem Autounfall zu vergleichen.
Die Ausbildung beinhaltete auch ein Kälteexperiment, bei dem wir eine Stunde bei -8 Grad nur in Badehosen gewandert sind. Und natürlich haben wir Eisbaden praktiziert, und zwar bei 3 Grad Wassertemperatur und -8 Grad Außentemperatur. Des Weiteren haben wir uns die ganzen verschiedenen Atemtechniken angeschaut, also die Wim Hof-Atmung, Buteyko-Atmung, Soma-Atmung sowie die transformative Atmung. Ich habe auch gelernt, wie man einen Workshop führt und Werbung für seine Kurse macht. Insgesamt war das eine umfangreiche Ausbildung mit Theorie und Praxis, die mich nun dazu befähigt, Workshops professionell zu leiten.
“Beim Eisbaden sollte man relativ schnell ins Wasser reingehen, sonst bemerkt der Körper, dass es zu kalt für ihn ist.”
Constantin: Wie sieht der Gang ins Eiswasser im Optimalfall aus?
Patrick: Beim Eisbaden steigt man normalerweise relativ schnell ins Wasser und taucht dann ein, um die wichtigen Organe wie das Herz, die Lunge und den Torso zu schützen. Wenn man langsam reingeht oder zuerst nur die Hand oder den Fuß ins Wasser macht, bemerkt der Körper schnell, dass es kalt wird und schützt den Rest des Körpers vor Kälte. Man spürt dann möglicherweise einen starken Schmerz in den Füßen oder Händen. Es ist daher ratsam, schnell ins Wasser zu gehen und dann direkt einzutauchen, damit der Körper keine Zeit hat, die Kälte zu bemerken.
Constantin: Ich stimme dir zu, dass man schnell ins Wasser gehen sollte, jedoch nicht so schnell, dass man den Körper überfordert. Im Sommer würde ich vielleicht ins Wasser springen, aber in einen eiskalten See würde ich langsam hineinlaufen, eine oder zwei Sekunden innehalten und dann eintauchen. Wenn man zu lange darüber nachdenkt, wird man es wahrscheinlich nicht tun.
Patrick: Ein wichtiger Punkt sind die Temperaturunterschiede. Wenn man bei 25 Grad Außentemperatur ins Wasser mit 3 Grad geht oder bei einer Außentemperatur von 5 Grad ins Wasser mit 1 bis 5 Grad geht, reagiert der Körper anders auf die Kälte. Man sollte das immer im Auge behalten.
Constantin: Hast du einen Tipp für Anfänger, wie lange sie bei verschiedenen Wassertemperaturen im Wasser bleiben sollten? Sicherlich hängt das auch vom individuellen Empfinden ab, aber gibt es eine Mindestzeit, die man nicht unterschreiten sollte?
“2 Minuten Eisbaden sind für den Körper ausreichend.”
Patrick: Es ist wichtig, auf den Körper zu hören. Wenn man nach eineinhalb Minuten merkt, dass der Körper sich nicht gut fühlt, sollte man sicherheitshalber aus dem Wasser gehen. Für Anfänger empfehle ich bei Wassertemperaturen von 3 bis 5 Grad eine Mindestzeit von zwei Minuten. In dieser Zeit spürt man die Vorteile, die das Eisbaden mit sich bringt, wie zum Beispiel die Bildung von braunem Fett und eine schnellere Aufwärmung. Wenn man allerdings nicht regelmäßig Eisbaden praktiziert, kann man diesen Effekt nicht erzielen. Die Challenges, die man oft auf Facebook oder YouTube sieht, bei denen es darum geht, wer es am längsten im Eiswasser aushält, sind nicht unbedingt optimal. Zwei Minuten sind für den Körper ausreichend, und es ist wichtiger, auf den Körper zu hören und das Eisbaden als eine positive Erfahrung zu erleben. Wenn man zu lange im Wasser bleibt, haben die Hände und Füße Schwierigkeiten, sich aufzuwärmen. Es ist wichtig, immer das Beste für den eigenen Körper zu tun, damit das Eisbaden eine angenehme Erfahrung bleibt.
Constantin: Ich stimme dir zu, dass es eine positive Erfahrung sein sollte und dass man den Körper nicht überfordern sollte. Was ist deine Meinung zu Atemtechniken beim Eisbaden?
Patrick: Eisbaden wird sehr oft mit der Wim Hof-Atmung in Verbindung gebracht, und leider werden mit dieser Atemtechnik auch viele Fehler gemacht. Das Problem ist, dass die Wim Hof-Atmung eine Stressatmung ist, die zu einer Hyperventilation führt. Wenn man den Körper schon vor dem Eisbaden triggert und den Stress nach oben pusht, ist das eine enorme Herausforderung und somit nicht optimal. Das heißt, man sollte die Wim Hof-Atmung, wenn überhaupt, 1 bis 2 Stunden vor dem Eisbaden machen. Ich mache die Wim Hof-Atmung 2 bis 3 Mal die Woche. Man muss diese Atmung ein wenig mit einem Fitnesscenter vergleichen, denn auch das ist Krafttraining, nämlich für die Organe und den Vagus Nerv, den größten Nerv. Wenn man das zu viel macht, kann man auch davon, wie beim Krafttraining, Muskelkater bekommen und ist dann zu gestresst.
Was ich täglich mache ist die Buteyko-Atmung – eine Atemtechnik, bei der man sehr gut runterkommt. Dabei achtet man darauf, dass man die Resilienz durch langsameres Atmen erhöht. Die Buteyko-Atmung kann man eigentlich immer durchführen, zum Beispiel auf dem Weg ins Büro oder zum Bus. Während ich gehe, halte ich einfach meinen Atem an und zähle, wie viele Schritte lang ich die Luft anhalten kann.
Das transformative Atmen ist die intensivste Atmung, die ich kennengelernt habe. Diese geht zwischen 1 bis 1,5 Stunden und man taucht sehr tief ein, um Traumas zu lösen. Wenn es einem gelingt, etwas in sich zu lösen, passiert das auf einer Gefühlsebene, auf die man mit keiner anderen Atemtechnik hinkommt!
Constantin: In der Schweiz habt ihr normalerweise ausreichend kaltes Wasser, auch im Sommer gibt es richtig frische Gebirgsbäche. Ihr habt also alles, was man für das Eisbaden braucht.
Patrick: Genau, das berücksichtigen wir auch. Später im Frühling, wenn es wieder wärmer wird, geht man in die Berge und macht eine Wanderung zu den Bergseen. Es ist ein völlig anderes Gefühl, als wenn man in einer Wanne sitzt. Man genießt die Natur ganz anders und findet dort Ruhe.
Constantin: Wer sind deine Teilnehmer und welche Motivation bringen sie normalerweise mit?
“Es ist wichtig, die Komfortzone zu verlassen.”
Patrick: Die Gruppen sind recht gemischt. Viele Teilnehmer sagen, dass sie aus ihrer Komfortzone ausbrechen möchten und etwas Neues ausprobieren möchten. Sie wurden auch oft von den Medien auf das Eisbaden aufmerksam gemacht und haben noch nie im Eiswasser gebadet. Andere kommen mit einem spezifischen Problem zu mir, wie zum Beispiel ein Teilnehmer mit einem Armbruch, der immer noch Schmerzen und Entzündungen hat. Die Teilnehmer haben gehört, dass Eisbaden gut gegen Entzündungen ist und möchten es ausprobieren. Es ist schon erstaunlich, dass einige schon nach dem ersten Eisbad eine Besserung gespürt haben, da nicht nur eine bestimmte Stelle, sondern der gesamte Körper gekühlt wurde. Ein weiteres Ziel von mir ist es, Menschen, die kurz vor einem Burnout stehen, zu unterstützen und sie abzuholen, bevor es zu spät ist. Ich möchte diese Menschen mit Work-Life-Balance und Eisbaden unterstützen, um sie aus dem Hamsterrad rauszuholen und einen Burnout zu verhindern. Das ist das Ziel für meine nächsten Workshops.
Constantin: Prävention ist sehr wichtig, besonders in unserer stressigen Gesellschaft. Hast du Feedback von Teilnehmern bekommen, die das Eisbaden als regelmäßige Routine beibehalten?
Patrick: Ja, das Feedback ist immer positiv. Die Teilnehmer haben ein gutes Gefühl und sind motiviert, weiterzumachen. Leider besteht jedoch auch die Gefahr, dass manche Teilnehmer das Eisbaden nach dem Workshop nicht fortsetzen. Um dies zu vermeiden, habe ich eine WhatsApp-Gruppe gegründet, in der die Teilnehmer nach meinem Workshop in Kontakt bleiben können. Wir planen gemeinsame Events oder Herausforderungen und halten so die Gruppe zusammen. Das Ziel ist es, die Teilnehmer weiterzubringen und eine Routine aufzubauen, um Stress und Burnout zu vermeiden.
Constantin: Das klingt großartig. Es ist schön zu hören, dass die Gruppe nach dem Workshop in Kontakt bleibt und sich gegenseitig unterstützt. Vielen Dank, Patrick, für das interessante Gespräch und dass du deine Erfahrungen mit uns geteilt hast. Ich würde mich freuen, wenn wir es demnächst zusammen ins Eisloch schaffen!