Viele fragen sich was, genau im Körper beim Eisbaden vor sich geht. In diesem Artikel gehen wir auf die wichtigsten physiologischen, also körperlichen Aspekte ein. Wenn du mit Eisbaden anfängst, solltest du diese Auswirkungen direkt am eigenen Körper spüren und nachvollziehen können.

3 Phasen Auswirkungen von Eisbaden auf den Körper

Beim Winterbaden passieren mit deinem Körper primär drei Reaktionen als direkte Antwort auf die Kälteexposition. Auf diese 3 Reaktionen gehen wir im Folgenden genauer ein:

  1. Periphere Vasokonstriktion
  2. Chemische Thermogenese
  3. Mechanische Thermogenese

1. Periphere Vasokonstriktion

Dieser Begriff klingt kompliziert, aber jeder, der richtig gefroren hat, sollte ihn kennen. Die peripheren Körperteile, also die Körperteile, die am weitesten entfernt von deinem Herzen sind und somit auch am schwierigsten warm gehalten werden können, werden vom Körper “geopfert”. Das ist ein sehr natürlicher und auch sinnvoller Abwehrmechanismus, denn er erhöht deine Überlebenschancen ungemein. Statt den gesamten Körper zu retten, wird nur der notwendigste Teil mit den wichtigsten Organen gerettet. Und dazu gehören deine Zehen, Füße, Finger und Hände schon einmal nicht.

Du kennst das bestimmt aus eigener Erfahrung, dass du im Winter kalte Hände oder Füße hast. Das ist die periphere Vasokonstriktion im Kleinen. Wenn du beispielsweise leicht bekleidet im Winter unterwegs bist, werden Hände und Füße in der Regel als erstes kalt und fangen an, unangenehm zu stechen.

Die periphere Vasokonstriktion ist also eine sinnvolle Abwehrreaktion deines Körpers auf Kälte, bei der die Blutgefäße in den peripheren Körperregionen, d.h. in den Armen, Beinen, Händen und Füßen verengt werden und dadurch der Blutfluss in diesen Bereichen reduziert ist. Dies führt dazu, dass weniger warmes Blut an die Oberfläche gelangt und somit weniger Wärme verloren geht. Im Eisbad merkst du das besonders gut, denn die Hände und Füße fangen recht schnell an, richtig zu schmerzen. Manche Eisbader klagen auch über Taubheitsgefühle in diesen Körperpartien, wenn sie zu lange im Eisbad bleiben. Die verminderte Durchblutung der Haut führt zu einer blassen oder bläulichen Verfärbung der betroffenen Körperteile, da weniger Blut und damit weniger Sauerstoff und Nährstoffe dorthin gelangen. Das ist ein Problem, wenn es länger andauert. Bei einem kurzen Eisbad über wenige Minuten macht das jedoch in der Regel nichts aus.

Du wirst viele Eisbader sehen, die Posen wie unten auf dem Bild einnehmen, um die Hände besser zu schützen. Bei den Füßen geht das natürlich nicht, es sei denn du trägst Neoprensocken oder -schuhe.

Hände aus dem Wasser beim Eisbaden

2. Chemische Thermogenese

Der erste Schritt ist, dass der Körper entscheidet, nicht mehr alle Körperteile, sondern nur die lebenswichtigen Organe in der Körpermitte gleichmäßig warm zu halten. Doch das alleine reicht noch nicht aus, denn der Körper muss zusätzlich versuchen, die Wärmeerzeugung anzukurbeln, um sich von innen aufzuwärmen. Das passiert unter anderem mit biochemischen Prozessen wie der Aktivierung des Sympathikus. Die Kälte aktiviert das sympathische Nervensystem, das die Freisetzung von Neurotransmittern wie Noradrenalin fördert. Diese Neurotransmitter wirken auf verschiedene Zielorgane und Gewebe, um die Energieproduktion und den Stoffwechsel zu steigern, was zu einer erhöhten Wärmeerzeugung führt.

Der Körper verfügt über zwei Arten von Fettgewebe: das weiße Fettgewebe, das hauptsächlich als Energiespeicher dient, und das braune Fettgewebe. Braunfett ist für die Thermogenese besonders wichtig, da es eine hohe Anzahl von Mitochondrien enthält, welche wie kleine Kraftwerke selbst Wärme produzieren können. Wenn der Körper extremer Kälte ausgesetzt ist, wird das braune Fettgewebe aktiviert und beginnt, Fett zu verbrennen, um Wärme zu erzeugen. Leider ist bei vielen Erwachsenen das braune Fett extrem gering. Dieses hat man als Kind vermehrt, da sich Kinder durch die fehlende Muskelmasse nicht durch Zittern erwärmen können. Dafür werden dann die Mitochondrien benutzt, um die Körperwärme anzukurbeln.

Die gute Nachricht ist, dass das braune Fett bzw. auch beige Fett (eine Zwischenform) erneut vermehrt produziert werden kann, wenn es benötigt wird. Da wir uns in unserer modernen Welt jedoch nicht mehr ausreichend Kältereizen aussetzen, wird das braune Fett nicht mehr produziert bzw. ist nicht ausreichend vorhanden. Doch es bildet sich nach, wenn ihr regelmäßig Eisbaden geht. Bestimmte Proteine, wie das Uncoupling Protein 1 (UCP1), das in den Mitochondrien von braunem Fettgewebe vorkommt, unterstützen zusätzlich den Prozess der Thermogenese. UCP1 ist an der Entkopplung von oxidativer Phosphorylierung beteiligt, wodurch die Energie in Form von Wärme anstatt von ATP (Adenosintriphosphat) erzeugt wird.

3. Mechanische Thermogenese

Was hochtrabend klingt, bedeutet auf gut Deutsch: Zittern. Jeder von uns kennt das – wenn man friert, fängt man an zu zittern. Die Kälte stimuliert die Nervenzellen in der Haut und sendet das Signal ans Gehirn, dass es kalt ist. Der Hypothalamus im Gehirn initiiert dann die Aktivierung der Muskeln. Insbesondere die großen Muskelgruppen wie der Rumpf und die Gliedmaßen sind dabei wichtig und beginnen, rhythmisch zu zittern. Du kannst dich dem Zittern nicht entziehen oder den Vorgang steuern, denn dieser wird automatisch von deinem Gehirn gesteuert.

Das Zittern der Muskeln erzeugt Reibungswärme, als ob du deine Handflächen gegeneinander reiben würdest. Die Wärme ist sozusagen ein Nebenprodukt der Reibung, es wird also unverhältnismäßig viel Energie aufgewendet, um dich warm zu bekommen. Dies hat den angenehmen Nebeneffekt, dass du auch Kalorien verbrennst und durch Eisbaden abnehmen kannst.

Die Energie für das Zittern kommt aus den Kohlehydratspeichern deines Körpers, die kurzfristig zur Verfügung stehen, sowie aus den Fetten (weißes Fett). Der erhöhte Stoffwechsel trägt noch zusätzlich zur Wärmeerzeugung bei, d.h. der Motor wird angeworfen und fängt an zu zittern, womit er Energie verbraucht, aber auch alleine dadurch, dass der Motor auf Hochtouren läuft wird, er schon warm.

Fazit

Du siehst es, dein Körper ist ein wahres Wunderwerk der Natur. Und entsprechend vorsichtig und gut musst du ihn auch behandeln. Er kann in der Regel mehr leisten als du denkst. Und ihn ab und zu mal herauszufordern, zum Beispiel durch eine wohlproportionierte Winterbaden-Session, kann ihm sehr gut tun.