Die Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel “Hop i Havel”, die deutsche Übersetzung kam 2022 beim Piper Verlag heraus. Das Buch ist in 13 Kapitel unterteilt und am Ende befinden sich einige Quellenangaben. Das Buch enthält viele Fotos und Abbildungen vom Winterschwimmen in verschiedenen Ländern. Besonders praktisch sind die Seiten mit „Kalten Fakten“ – kurze und knackige Zusammenfassung der Kapitel in Stichpunkten. Das Buch ist optisch sehr ansprechend, gut strukturiert und es macht einfach Spaß, darin zu lesen.

Die Autorin bietet mit viel Wissen aus den neuesten Forschungsergebnissen einen guten allgemeinen Einstieg in das Thema Winterschwimmen mit generellen Hintergrundinformationen. Somit ist das Buch besonders für Einsteiger geeignet, aber interessant auch für erfahrene Winterschwimmer, die mehr über die körperlichen Effekte und insbesondere das braune Fett lernen möchten. Für beide Gruppen ist das Buch ein ungemeiner Motivations-Booster und kann immer wieder zur Hand genommen werden, sollte die Willenskraft mal etwas schwächeln.

Susanne Søberg lebt in Dänemark, wo das Winterschwimmen eine lange Tradition und die Vereine lange Wartelisten haben. Viele physiologische, psychologische und soziale Aspekte erklären das Glücksgefühl durch das Winterschwimmen. Susanne ist Wissenschaftlerin an der Universität Kopenhagen und beschäftigt sich mit den physiologischen Vorgängen und Veränderungen, die kurz-, mittel- und langfristig durch das Winterschwimmen im Körper stattfinden. Viele Fragen, z. B. ob Winterbaden das Leben verlängert oder sogar Risiken birgt, sind noch nicht wissenschaftlich beantwortet – und hier setzt Susannes Arbeit an. In einer ihrer Studien wurde herausgestellt, dass die Reaktion auf den Kälteschock, gemessen an Atmung, Blutdruck, Herzfrequenz und Noradrenalin, in der zweiten Saison nach dem Sommer weniger heftig ausfällt. Es findet also eine sogenannte Kältehabituation statt. Bei geübten Winterschwimmern bleibt der Blutdruck konstant oder sinkt. Die Stärkung der Willenskraft, die besonders wenn man mit dem Winterbaden anfängt gefragt ist, lässt sich vermutlich auch auf andere Lebensbereiche übertragen. Ein weiterer Vorteil durch die intensive körperliche Erfahrung, gerade in der heutigen Zeit, ist der Zustand, vollständig im Hier und Jetzt zu sein.

Es gibt viele Bezeichnungen für das Eintauchen in kaltes Wasser. Winterbaden wird vorwiegend gebraucht für die Immersion in kaltes Wasser während des Winters, während in sehr kalten Regionen, in denen vor dem Eintauchen ein Loch in das gefrorene Wasser gehauen werden muss, der Begriff Eisbaden zutreffender ist.

Die ersten Kapitel sind besonders für Neueinsteiger gedacht, in denen erklärt wird, wie der Einstieg in das Projekt Winterschwimmen am besten klappt: Es gibt ein Interview mit zwei Erstlingen vor und nach ihren ersten Eintauchen. Der beste Einstieg in das Winterschwimmen ist eigentlich immer jetzt. Nach dem Sommer einfach weiter zu schwimmen hat Vor- und Nachteile, denn manche empfinden den Temperaturunterschied zwischen Luft und Wasser im Herbst als zu groß. Im Winter kühlt die Luft den Körper bereits stark ab und aktiviert die Kälterezeptoren der Haut, was den Kälteschock verringert. Die Kälterezeptoren aktivieren im Gehirn die Ausschüttung von Noradrenalin und Endorphin. Blutgefäße verengen sich. Der Temperaturunterschied zwischen Luft und Wasser wurde in Kopenhagen gemessen und ist im Oktober, Februar, März und April am größten. Das Wasser im Februar ist also gefühlt kälter als im Dezember oder Januar. Salzwasser wirkt zudem wärmer als Süßwasser. Nach und nach langsam ins Wasser zu gehen, ist ebenfalls schwieriger als direkt einzutauchen. Die Kälte fühlt sich dann gleichmäßiger an. Für den Anfang ist es einfacher, später am Tag einzutauchen als am Morgen aufgrund der höheren Körpertemperatur.

Geübt dauert eine Kälteschockreaktion nur noch 20 Sekunden – eine durch das sympathische Nervensystem ausgelöste kardiovaskuläre Reaktion, gekennzeichnet durch Hyperventilation, Herzrasen und Bluthochdruck. Vermutlich wird durch die Immersion der Tauchreflex aktiviert und über Stimulation der sogenannten Barorezeptoren eine Aktivierung des Parasympathikus, wodurch das Gefühl von Ruhe zu erklären ist, welches sich bald einstellt – genauso wie ein niedriger Puls. Interessant ist also, dass bei der Kaltwasserimmersion diese beiden Gegenspieler gleichzeitig auftreten. Der Kälteschock reduziert die Durchblutung des Gehirns um 30%. Die Stressreaktion basiert auf den Hormonen Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Weiterhin folgen Endorphine, Dopamin und Serotonin, welche sich positiv auf das Befinden auswirken. Diese Neurotransmitter werden im Buch kurz im Zusammenhang mit dem Winterbaden vorgestellt. Dopamin zum Beispiel erhöht sich im Blutplasma um 250% durch die Immersion bei einer Wassertemperatur von 14 °C. Diese Hormone möchte der Körper gerne haben, da sie das Wohlbefinden erhöhen und somit Aktivitäten, die zur großen Ausschüttung führen, immer wieder gerne ausgeführt werden. Suchtfaktor garantiert! Innerhalb von 2 Minuten kommt es zu einer Erhöhung von Noradrenalin durch Kaltwasserimmersion durch die Veränderung der Hauttemperatur. Längere Bäder sind nicht nötig.

In einem weiteren Kapitel wird die Gewöhnung an die Kälte wissenschaftlich erklärt. Kälteexposition verbessert die Wärmeerzeugung durch die Aktivierung von braunem Fettgewebe durch Noradrenalin und Muskeltremor. Sobald das Muskelzittern beginnt, sollte man aus dem Wasser, da dies das erste Anzeichen einer Unterkühlung ist. Mehr Muskelmasse ist von Vorteil für die Wärmeerzeugung. Weiterhin hilft es, die eigene Einstellung gegenüber Kälte zu ändern. Also die Kälte nicht zu fürchten, sondern sie zu akzeptieren und sich somit mehr zu entspannen. Atemübungen helfen ebenfalls ruhig und entspannt zu bleiben. Tief ausatmen vor dem Eintauchen ins kalte Wasser erhöht die Lungenkapazität und verhindert Panik und Hyperventilation. Insgesamt wird der Atmung in dem Buch weniger Aufmerksamkeit geschenkt.

Søberg befasst sich in ihrer Forschung intensiv mit gesundheitlichen Auswirkungen des Winterbadens auf das braune Fettgewebe, welches Mitochondrien enthält. Braunes Fett ist vorteilhaft, da es die Fettverbrennung steigert, die Insulinsensitivität erhöht und das Risiko für Krankheiten wie Diabetes Typ 2 und Übergewicht vermindert. Wird braunes Fett aktiviert, holt sich die Zelle Zucker und Fett aus dem Blutkreislauf, um durch Energieverbrennung Wärme zu erzeugen. Diese Thermogenese läuft in den Mitochondrien ab.

Studien belegen positive Effekte von kaltem Wasser bei Arteriosklerose, Gelenkschmerzen, Muskelverletzungen, Stress und Erschöpfung sowie Niedergeschlagenheit und Depressionen. Zusammen mit dem Gemeinschaftsgefühl durch Gruppen und Winterschwimmer-Clubs erhöht Winterbaden die Lebensqualität. Weiterhin müssen die Langzeiteffekte von Winterschwimmen noch erforscht werden, z. B. ob es den Alterungsprozess hinauszögert oder entzündliche Krankheiten verhindern kann. Es ist bekannt, dass Winterschwimmen Entzündungen hemmt. In ihrem Buch gibt Søberg kurze Informationen zu einzelnen Krankheiten wie Diabetes oder Arteriosklerose, die vom Winterbaden positiv beeinflusst werden.

Zuletzt werden die gesundheitsförderlichen Effekte von Sauna beschrieben. Regelmäßiges Saunieren ist verbunden mit einem geringeren Sterberisiko durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz, Psychosen und Alzheimer.

Insgesamt “Winterschwimmen – wieso uns kaltes Wasser glücklicher und gesünder macht” ein durchaus zu empfehlendes Buch mit viel belegtem Fachwissen und schöner Aufmachung, das Lust auf das Winterbaden macht!

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