Eisbaden hat eine lange Tradition in Finnland und wird, anders als in Deutschland, als Breitensport betrachtet. In den Wintermonaten nutzen Jung und Alt die weit verbreiteten Badezentren mit Sauna und Eisloch oder auch den eigenen Seezugang bei ihren Sommerhütten, um sich in der Kälte zu entspannen.
Insbesondere eine Finnin hat sich einen Namen über die Grenzen Finnlands hinaus gemacht und Rekorde im Eisschwimmen gebrochen: Elina Mäkinen. Im Jahr 2017 schaffte Elina es als die erste Finnin, die berüchtigte Eismeile (1.609m) zu schwimmen. Seitdem nutzt sie die mediale Aufmerksamkeit, um über Eisschwimmen zu sprechen und Einblicke in ihren Alltag als Eisbaderin zu gewähren. Und das mit Erfolg: Auf Instagram und TikTok haben bereits Millionen von Nutzern Elina beim Eisbaden zugeschaut.
Wir hatten die Gelegenheit, mit Elina über ihre Leidenschaft zu sprechen. Im Gespräch begegnete uns eine äußerst sympathische und bodenständige junge Frau. Wim Hof war gestern, Bühne frei für Frauenpower mit Elina Mäkinen!
Anna (Eisbaden.de): Wann warst du das erste Mal im Eisloch?
Elina Mäkinen: Ich war 4 Jahre alt, als ich das erste Mal im Eisloch war. Viele Finnen haben Hütten am See und es ist üblich, in den Wintermonaten ein Loch in den Eis zu sägen, damit die ganze Familie Eisbaden gehen kann. Ich war ein recht tapferes und mutiges Kind und hatte keine Angst vor der Kälte. Ganz im Gegenteil – ich bin begeistert ins Eiswasser gesprungen und habe meinem Opa große Sorgen bereitet, weil ich bis ans andere Ende des Eislochs geschwommen bin. Bis heute lacht meine Familie über die Tatsache, wie furchtlos ich der Kälte begegnet bin, während mein Bruder nur seine Zehen ins Wasser getaucht hat. Auf diese Weise kamen unsere unterschiedlichen Persönlichkeiten schon früh zum Ausdruck.
Anna (Eisbaden.de): Wann wurde Eisbaden ein richtiges Hobby von dir?
Elina Mäkinen: Mit regelmäßgem Eisbaden habe ich angefangen, als ich 18 Jahre alt war und für das Studium nach Joensuu gezogen bin. Dort gab es ein Badezentrum mit Sauna und Eisloch, zu dem ich gerne hingegangen bin, um mich zu entspannen und innere Ruhe im hektischen Alltag zu finden. Ich komme aus dem Leistungsschwimmen und habe mit der Zeit angefangen, mich immer mehr für das Thema Eisschwimmen zu interessieren. In Finnland werden seit 30 Jahren Events für Eisschwimmen organisiert und so bin ich irgendwann 25 Meter im Eiswasser geschwommen. Die nächsten Schritte waren die finnischen Meisterschaften sowie 2014 die Weltmeisterschaften in Rovaniemi, an denen ich zusammen mit meiner Mutter, die seit 20 Jahren Eisbaden praktiziert, teilgenommen habe.
Es ist wirklich schön, eine Leidenschaft mit einem Familienmitglied zu teilen. In den Folgejahren sind ich und meine Mutter zusammen zu Events in Finnland, aber auch im Ausland wie Polen, Estland und Deutschland gereist. Bei den Weltmeisterschaften von Burghausen waren wir beispielsweise schon mehrere Male. Es macht Spaß, Eisbader von überall aus der Welt kennenzulernen und zu erfahren, wie sie ihrem Hobby nachgehen.
Anna (Eisbaden.de): Wie oft gehst du ins Eiswasser?
Elina Mäkinen: Ich versuche, im Winter möglichst regelmäßig Eisbaden zu praktizieren. Meistens gehe ich täglich, manchmal auch zweimal am Tag ins Eiswasser. Auch im Frühling, Sommer und Herbst schwimme ich in den meist recht kühlen Gewässern Finnlands. Kalt zu duschen ist nicht mein Ding, denn für mich ist es entscheidend, in der Natur zu sein. Was gibt es Schöneres, wenn man seinen Badeanzug dabei hat und eine schöne Badestelle entdeckt. Wenn ich zum Beispiel eine freie Stelle an einem zugefrorenen Fluss sehe, steige ich gerne ins Wasser. Dabei ist es wichtig, seine eigene Schwimmfähigkeit zu kennen und einschätzen zu können, wie kalt es einem im Wasser werden kann.
Anna (Eisbaden.de): Was sind für dich die optimalen Bedingungen für Eisbaden?
Elina Mäkinen: Beim Eisbaden muss man seine Komfortzone verlassen. Deshalb gibt es für mich eigentlich keine optimalen Bedingungen für Eisbaden. Es geht vielmehr darum, sich selbst zu überwinden und den unangenehmen Moment durchzustehen, um am Ende mit einem fantastischen Gefühl belohnt zu werden. Für mich sind die Wetterbedingungen zweitrangig, ich gehe bei jedem Wetter ins Eiswasser. Natürlich fühlt sich das Eisbaden an einem sonnigen, windstillen Tag einfacher an, aber die positive Wirkung auf das Gemüt spüre ich auch, wenn es windet und der Regen auf mein Gesicht prasselt. Vielleicht ist diese Wirkung sogar noch intensiver bei schlechtem Wetter, weil es mehr Willenskraft erfordert, ins Wasser zu gehen.
Anna (Eisbaden.de): Nutzt du eine besondere Atemtechnik beim Eisbaden?
Elina Mäkinen: Nein, ich nutze keine besondere Atemtechnik, wenn ich ins Eiswasser gehe. Ich weiß, dass die Wim Hof-Methode eine große Beliebtheit in Deutschland und auch in anderen Ländern genießt. Ich komme aus dem Leistungsschwimmen, in dem man wenig mit Atemtechniken arbeitet oder auf Hyperventilation setzt – im Bereich Freitauchen wird das vielleicht nicht explizit als gefährlich angesehen, aber man sollte schon genau wissen, was man tut.
Letztendlich ist entscheidend, wobei du dich gut fühlst! Manchen hilft eine bestimmte Atemtechnik bei der Konzentration und Wärmeentwicklung. Ich persönlich komme mit der Kälte besser klar, wenn ich die physischen und physikalischen Wirkungen auf meinen Körper bei Kälteexposition verstehe. Es geht also darum, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, was während des Kälteschocks in meinem Körper passiert, beispielsweise wann und wie meine Körpertemperatur im Eiswasser abnimmt.
Und natürlich atme ich auch im Eisloch, und zwar normal und ruhig – es ist wirklich wichtig, das Atmen im Eisloch nicht zu vergessen! Ebenso ist es wichtig, seine Grenzen zu kennen und auf Signale des Körpers zu achten, die vielleicht andeuten, dass man diese Grenzen gerade überschreitet. Fühle ich mich zum Beispiel schwach, werden meine Gedanken langsamer oder die Muskeln so steif vor Kälte, dass ich nicht mehr richtig schwimmen kann? Das können kritische Sekunden sein und man sollte den Zeitpunkt erkennen, wenn man raus aus dem Eiswasser kommen muss. Das alles ist natürlich besonders relevant beim Eisschwimmen, da man darauf achten muss, wie die eigene Motorik im Wasser ist, wie es der Muskulatur geht usw.
Anna (Eisbaden.de): Welchen Herausforderungen begegnest du beim Eisbaden? Fällt es dir auch mal schwer, ins Eiswasser zu gehen?
Elina Mäkinen: Das Wasser fühlt sich auch für mich immer eisig an! Manchmal muss ich bei dem Gedanken schmunzeln, wie es wohl gewesen wäre, hätte ich mich für eine “warme” Sportart entschieden. Aber die Kälte fasziniert mich einfach. Eine der Herausforderungen beim Eisbaden bzw. Eischwimmen ist, verschiedenste Faktoren vorauszusehen, die bei Kälteexposition eine Rolle spielen – wie ist mein Energielevel, wann und was habe ich gegessen, ist die Luft trocken oder feucht, wie kalt ist es draußen? Im Eiswasser sind wir der Kräfte der Natur ausgesetzt und müssen uns entsprechend anpassen. “Augen zu und durch” funktioniert nicht immer und man sollte nicht vergessen, dass man Eisbaden primär für sich selbst macht. Wir müssen niemandem etwas beweisen.
Anna (Eisbaden.de): Was für eine Wirkung hat Eisbaden auf dein Leben gehabt?
Elina Mäkinen: Beim Eisbaden bleibt man ja eine eher kurze Zeit im Wasser mit dem Ziel, Glückshormone zu aktivieren. Beim Eisschwimmen wiederum geht es um längere Zeiten im Eiswasser. Ich schaffe es zurzeit etwa einmal die Woche, manchmal auch nur einmal im Monat, Zeiten von über 5 oder auch 10 Minuten im Eiswasser zu schwimmen. Solche Übungen haben eine regenerierende Wirkung auf die Muskulatur. Wenn ein Muskel kalt wird, entspannt er sich, was zum Beispiel zur Schmerzlinderung führen kann.
Bleibt man eine lange Zeit im Eisloch, muss man genauestens darauf achten, was mit dem Körper passiert, wenn man aus dem Wasser rausgeht. Wie regeneriert sich der Körper, wann fängt er an, zu zittern und Wärme zu produzieren, was macht der Blutdruck? Bei kürzeren Zeiten im Eisloch wird es einem eher warm als kalt, dafür sorgen der Adrenalinkick und die verstärkte Blutzirkulation. Hier ist es vor allem wichtig, mit dem anfänglichen Kälteschock gut umgehen zu können, wenn das Herz schneller schlägt und der Blutdruck steigt. So gesehen bringen Eisbaden und Eischwimmen unterschiedliche Herausforderungen und Vorteile mit sich.
Ich verbringe sowohl kurze als auch lange Zeiten im Eiswasser. Durch die kurzen “Dippings” kann ich Stress abbauen und mich entspannen. Regelmäßiges, im Optimalfall tägliches Eisbaden verschafft außerdem eine angenehme Struktur für meinen Alltag. Eisschwimmen wiederum ist ein Teil meiner Identität geworden und ich genieße die Nähe zur Natur. Ich finde es schön, zu beobachten, wie sich die Natur mit den Jahreszeiten verändert, zum Beispiel wann friert der See ein, wie bläst der Wind oder wann schneit es. Es ist schön, sich auf die kleinen Details des Lebens statt auf seine eigenen Sorgen konzentrieren zu können.
Anna (Eisbaden.de): Durch deine Leistungen im Eisschwimmen, aber auch durch deine inspirierenden Fotos und Videos vom Eisbaden hast du inzwischen eine sehr große internationale Fanbase auf TikTok und Instagram. Wie fühlt sich die Bekanntheit an?
Elina Mäkinen: Ich liebe es, meine Erfahrungen und Eindrücke vom Eisschwimmen und Eisbaden mit anderen zu teilen. Und natürlich mache ich das auch für mich selbst, denn es ist schön zu sehen, dass einige meiner Beiträge Interesse wecken. Allgemein verbinden viele Eisbaden mit Angst: Dunkle Gewässer wirken gefährlich und man fürchtet sich vor Erfrierungen. Ich möchte mehr Wissen und Bewusstsein für das Thema schaffen – und das mit einem Augenzwinkern und Humor, da das für mich persönlich wichtig im Leben ist.
Anna (Eisbaden.de): Welche Tipps würdest jemandem geben, der gerade erst mit Eisbaden anfängt?
Elina Mäkinen: Du solltest nicht alleine ins Eisloch gehen, sondern einen Freund oder eine Freundin mitnehmen! Das ist sowohl für deine Motivation als auch deine Sicherheit gut. Und lerne deine Umgebung kennen! Vielleicht kennst du den Steg bereits vom Baden im Sommer. Oder wenn du im offenen Gewässer badest, solltest du dich mit den Strömungen und der Beschaffenheit des Bodens vertraut machen.
Viel Zubehör brauchst du für den Anfang nicht: Ein Badeanzug, Bademantel und/oder Handtuch sowie Badeschlappen oder warme Schuhe reichen schon aus. Der Kauf von Neoprenschuhen kann Sinn machen, da die Zehen gerade bei den ersten Malen im Eiswasser ganz schön frieren.
Der beste Zeitpunkt, mit Winterbaden anzufangen, ist der Herbst. So muss man nicht gleich ins eisige Wasser rein, sondern man bekommt einen angenehmen, stufenweisen Einstieg in die neue Routine. Zu guter Letzt sollte man auf den eigenen Körper hören und einen eigenen Rhythmus beim Eisbaden entwickeln.
Anna (Eisbaden.de): Vielen lieben Dank für das Gespräch, Elina!
Mehr von Elina Mäkinen (@elinamae) findest du auf Instagram und TikTok